Sprechende Schuhe und Raumfahrt zum Mars

Welche Blicke in die Zukunft eine Computermesse in Austin ermöglicht

Die texanische Hauptstadt Austin wird zuweilen auch als „Silicon Hills“ bezeichnet, weil neben Dell, Facebook und IBM noch andere IT-Unternehmen zu den größten Arbeitgebern der Stadt gehören. Und jedes Jahr Anfang März wird sie diesem Namen – der natürlich auf das kalifornische „Silicon Valley“ anspielt – umso mehr gerecht, wenn zehntausende computeraffine Menschen zur Computermesse „South by Southwest“ (SXSW) hierher strömen.
1987 als alternatives Musikfestival gestartet und sieben Jahre später um den Bereich Film ergänzt, entwickelte sich daraus Ende der neunziger Jahre mit der „SXSW Interactive“ eine eigene Veranstaltung, die sich mit Computer- und zunehmend auch Internettechnologie beschäftigte. Berühmt wurde die SXSW, weil hier unter anderem Foursquare und Twitter ihren Durchbruch schafften. Einer der Gründe: Noch vor wenigen Jahren war nur auf Veranstaltungen wie dieser ein hinreichend hoher Verbreitungsgrad von Smartphones zu finden, der für den Erfolg solcher mobiler Internetdienste nötig war.
Aus demselben Grund aber suchten die Teilnehmer des Treffens in Austin in den letzten Jahren vergeblich nach ähnlichen Erfolgsgeschichten. Denn weil das Smartphone mittlerweile den Massenmarkt erreicht hat, sind Internet-Startups nicht mehr auf eine solche kritische Masse angewiesen. Trends und spannende Entwicklungen hingegen lassen sich im texanischen Frühling noch immer aufspüren.

Einer dieser Trends ist die Art und Weise, in der Webseiten und Smartphone-Apps auf ihre Benutzer „reagieren“: Aus statischen werden dynamische Angebote, weil die Anbieter in dem Moment, in dem der Nutzer sie aufruft, schon viel über ihn wissen: Von welchen Webseiten er gerade kommt, an welchem Ort er sich befindet, welche anderen Angebote im Netz er nutzt. Entsprechend können sie umgehend darauf reagieren – und fast schon voraussehen, was der Nutzer als nächstes tun möchte. Man spricht hier vom „behavioural design“ der Angebote, also einer Programmierung, die sich flexibel dem Verhalten des Nutzers anpasst.

Diese Entwicklung trifft auf einen weiteren Trend: Die immer stärkeren Verknüpfung der virtuellen Angebote mit dem wirklichen Leben. Ortsbasierte Dienste sollen die Nutzer zu „realen“ Handlungen motivieren, etwa dem Konsum lokaler Angebote. Soziale Netzwerke ermöglichen tatsächliche Begegnungen in Echtzeit. Und schließlich: Internetprodukte bleiben nicht mehr solange virtuell, bis der Paketdienst sie nach Hause gebracht hat, sondern entstehen tatsächlich sofort, am Schreibtisch. Das dreidimensionale Drucken macht es möglich, Geräte wie den „Replicator 2“ der Firma MakerBot kann man inzwischen für rund 2.000 Euro kaufen.

Auch die „Selbstvermessung“ des eigenen Körpers führt zu einer immer stärkeren Verschmelzung zwischen virtueller und realer Welt: Das „Fuelband“ von Nike oder das „Up“ von Jawbone sind nur die beiden bekanntesten Gadgets der immer größer werden Gesundheitsbewegung unter den Computerbegeisterten. Beide Geräte speichern Bewegungsdaten und geben dem Nutzer Ratschläge zur persönlichen Fitness. Als jüngstes Mitglied dieser Familie darf man vielleicht bald Googles „sprechenden Joggingschuh“ begrüßen, der im Rahmen einer Studie auf der SXSW vorgestellt wurde. Aber auch die Google Glasses waren vor rund einem Jahr nur eine Studie – und sollen doch schon Ende dieses Jahres zu kaufen sein.
Entwicklungen wie diese lassen die SXSW noch immer zu einem Blick in die Zukunft werden – was in diesem Jahr durch den Sprecher der Keynote besonders deutlich wurde: Elon Musk, CEO des E-Auto-Produzenten Tesla und der kommerziellen Raumfahrtfirma SpaceX berichtete von seinen außerordentlich konkreten Plänen für die Raumfahrt, unter anderem zeigt er das Video einer aufrecht landenden Rakete. Und er bekannte, dass er einmal am liebsten auf dem Mars sterben würde, wohin ihn eines seiner Raumschiffe dann gebracht haben wird.

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Michael

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