The End of the Web as we knew it

The End of the Web as we knew it

Unsere Bequemlichkeit tötet das Internet. Dieses Fazit muss man ziehen, wenn man sich die aktuelle Entwicklungen von Reichweiten im Internet ansieht: Die Abrufzahlen konventioneller Seiten stagnieren oder gehen zurück, während die Reichweiten von Social Media-Auftritten steigen, und zwar von alle, mobil. Dafür verantwortlich ist in erster Linie wohl Facebook. Denn Dienste wie die Instant Articles oder der massive Ausbau des Videobereichs (Live, 360 Grad) führen dazu, dass Nutzer länger auf Facebook verweilen, anstatt verlinkte Texte zu lesen oder Plattformen wie YouTube zu nutzen. Der Grund ist, dass Facebook es dem Nutzer immer bequemer macht, Klicks erspart und es damit unnötig macht, die Seite zu verlassen. Die Motivation für Facebook ist leicht nachvollziehbar: Je Länger Nutzer auf Facebook verweilen, desto mehr Werbung kann ihnen angezeigt werden.
Doch denkt man diese Entwicklung konsequent weiter, wird sie zu einer Verarmung der Vielfalt des WWW führen – warum soll man noch eine Seite im eigenen Webangebot bereitstellen, wenn sie über Facebook bereits mehr Nutzer erreicht? Warum soll man Videos auf mehrere Plattformen uploaden, wenn sie bei Facebook in großer Zahl angeschaut und geteilt werden?
Leider sind mir keine Zahlen bekannt, wie sich die durchschnittliche Anzahl der besuchten Domains pro Nutzer in den letzten Jahren verändert hat, aber ich wäre nicht überrascht oder bins sogar überzeugt davon, dass sie gesunken ist.
Ein Beleg dafür ist, dass weltweit die absolute Zahl der Websites seit 2014 um 11 Prozent zurückgegangen ist, obwohl gleichzeitig die Zahl der Internetuser gestiegen ist.
In diesem Zusammenhang muss man auch das „soziale“ Projekt internet.org, das unter anderem von Facebook betrieben wird, um Menschen, die bisher offline sind, den Zugang zum Internet zu ermöglichen. Denn in Wahrheit wird nur der Zugang zu einem sehr beschränkten Teil des Internet ermöglicht, was zugleich vehement dem Prinzip der Netzneutralität widerspricht.
Die Frage, ob sich die Uhr hier zurückdrehen lässt, ist nicht einfach zu beantworten. Es liegt zum einen an den Betreibern von Webseiten selbst – sie werden nicht mit dem enormen Innovationstempo von Facebook mithalten können und es sich zugleich auch nicht entgehen lassen, über Facebook Nutzer zu erreichen. Letztlich werden nur Seiten erfolgreich sein, die eine User Experience bieten, die Facebook (noch) nicht bieten kann. In erster Linie muss man also in das UI-Design, also die Gestaltung des Frontends einer Seite investieren, nicht ohne zugleich die dahinter stehende Technik weiter zu entwickeln.
Parallel stellt sich im mobilen natürlich die Frage, in welchem Verhältnis sich die Nutzung von Websites zur Nutzung von Apps entwickeln wird. Auch hier sieht es für traditionelle Websites eher schlecht aus, wenn sie im Vergleich zu Smartphone-Anwendungen keinen Mehrwert bieten können. Wenigstens tragen Apps aber dazu bei, dass die Vielfalt des Internet nicht verringert wird, sondern zumindest in diesem Bereich wächst.
Wenn also der Trend zur mobilen Internetnutzung anhält, könnte der Ratschlag an Content-Anbieter lauten, stärker in Apps zu investieren, wenn man so dem User einen Mehrwert im Vergleich zu Webseite bieten kann und sich genau zu überlegen, welchen Vorteil die Nutzung einer Webseite noch bieten kann. Es wird genau deshalb auch immer wichtiger werden, in jeder Redaktion mindestens einen Programmierer neben den Redakteuren sitzen zu haben, der aktuelle Trend in der Webtechnologie beobachtet und umsetzen kann.
Denn die große Gefahr einer „Bequemlichkeits-Nutzung“ des Internet besteht darin, dass es zu einer Verarmung an Inhalten kommt. Facebook ist in diesem Sinne ausschließlich ein Service-Provider, der selbst keinen Content zur Verfügung stellt.
Die große Faszination und das große Potential des Internet bestand immer in seiner unglaublichen Vielfalt und Nonkonformität – die Internetnutzer und Seitenbetreiber sollten nicht zulassen, dass das zerstört wird.

Author Description

Michael

No comments yet.

Join the Conversation