Weltweit gibt es mehr als 180 Millionen Blogs. Für Deutschland liegen keine genauen Zahlen vor, man kann aber davon ausgehen dass es mehrere Hunderttausend sind.
In dieser Welt der Web-Tagebücher gibt es für jeden ein Reservoir, auch für die Spezies des katholischen Bloggers. Warum auch nicht? Aber was ist eigentlich ein „katholisches Blog“? Durch welche Merkmale und Eigenheiten zeichnet sich ein katholischer Blogger aus?
Im deutschsprachigen Internet gibt es etliche Blogs, die das „Katholische“ oder eine „Teilmenge“ daraus (also ein Bibelzitat, einen theologischen Fachterminus, den Namen eines Heiligen etc.) im Namen tragen. Die „katholische Bloggerliste“ etwa zählt rund 300 solcher Blogs, von der „theolounge“ über den „Annuntiator“ und die dominikanische „OP-Jugend“ bis zu „Mixta et Diversa„. Die Liste umfasst dabei nicht nur Blogs auf der Plattform blogspot, sondern auch solche von WordPress und selbst gehostete und darf daher als recht vollständig gelten.
Allerdings sind nicht alle aufgezählten Angebote Blogs im engeren Sinne. Der „Jugendleiter-Blog“ etwa enthält zwar tagebuchartige Einträge, die einen Blog eigentlich ausmachen, darüberhinaus aber auch Linklisten, Terminübersichten und Downloads. Warum das „Publik-Forum“, eine katholische Monatszeitschrift, in der Blogliste auftaucht, ist nicht ganz ersichtlich. Für einen Blog eher untypisch ist bei diesen beiden Beispielen auch, dass nicht eine einzelne Person das Blog führt, sondern mehrere Personen bzw. eine Redaktion.
Wie auch sonst in der Blogosphäre üblich, gibt es im katholischen Bereich persönliche Blogs und solche von Einrichtungen oder Organisationen, thematisch eingegrenzte bzw. spezialisierte oder auch Blogs zu allgemeinen Themen.
Eines wird an der Liste aber ganz deutlich: Das Spektrum katholischer Blogs ist so breit wie die Katholische Kirche selbst. Alle Spezialthemen und theologischen Orientierungen finden sich auch in der Blogwelt wieder – vom „Orgel-Blog“ bis zur „Caritas-Webfamilie.
Warum bloggen Katholiken überhaupt? Ein Autor des Blogs „Pro Spe Salutis“ etwa formuliert: „Mithin ist der katholische Blog ein Stück weit Apostolat. Katholische Blogs bringen Diskussionen in Gang, versichern einander im gemeinsamen Glauben, erzählen Geschichten aus Kirche und Leben, manche davon sind garstig, manche wunderschön. Es müßte noch viel mehr davon geben …“
Damit werden beiden wesentlichen Gründe angesprochen, einen Blog zu betreiben: (1) Seine Meinung in die öffentliche Diskussion einzubringen und (2) sich mit Gleichgesinnten zu verbinden.
Oft wird darüber Klage geführt, dass die katholische Bloggerszene von konservativen Autoren dominiert sei, während die liberalen Stimmen weniger zu hören seien. Wenn man die wenigen extremen Ausnahmen wie etwa „kreuz.net“ einmal übergeht (von denen sich die katholische Kirche im übrigen auch ausdrücklich distanziert hat) habe ich diesen Eindruck allerdings nicht. Ohne eine Zählung durchgeführt zu haben, habe ich das Gefühl, dass die größte Gruppe der Blogs einen eher kontemplativen oder meditativen Charakter hat oder sich mit praktischen Lebensfragen aus katholischer Perspektive beschäftigt. Die Blogs dagegen, deren Schwerpunkt Theologie und Kirchenpolitik sind, scheinen nicht in der Mehrheit zu sein. Wenn eine Übermacht konservativer katholischer Stimmen im Internet beklagt wird, scheint sich das eher auf die gefühlte Lautstärke weniger, nicht hingegen auf die absolute Zahl der Blogs zu beziehen. In ihrer Wortwahl sind Blogger zwar nicht immer so politisch korrekt, wie man es aus den klassischen Medien kennt – aber auch das ist kein besonderes Merkmal liberaler oder konservativer Autoren.
Es ist auf der anderen Seite auch nicht abzustreiten, dass es auf beiden Seiten exponierte Vertreter gibt. So musste Papst Benedikt XVI. in seiner Botschaft zum Weltmediensonntag 2011 katholische Blogger sowie Facebook- und YouTube-Nutzer ermahnen, bei ihren Internetaktivitäten eine „christliche Stil der Präsenz“ zu pflegen und einen respektvollen Ton zu pflegen. Dabei war es allerdings konkret um Kritik an Entscheidungen von Bischöfen gegangen, die nicht nicht immer angemessen formuliert war.
Ein Grund für die insgesamt doch geringe Anzahl prononciert kritischer katholischer Blogs könnte sein, dass Diskussionen im Internet traditionell weniger auf den Blogs, sondern eher in Diskussionsforen oder seit einiger Zeit auch in den Sozialen Netzwerken geführt werden. Der scharfe Ton tritt dabei oft eher in den Kommentaren bzw. der Diskussion über Blogeinträge zu Tage, oft vorangetrieben von anonymen Autoren. Und exponierte Vertreter einer bestimmten theologischen Position suchen in der Regel Mitstreiter, die sie unter Gleichgesinnten in den Foren eher finden, als auf einzelnen Blogs. Ein Blog muss schon sehr gut eingeführt sein und ein großes Stammpublikum haben, wenn damit Einfluss oder Meinungsbildung erreicht werden sollen. In Foren und stärker noch in sozialen Netzwerken lassen sich Meinungen dagegen viel schneller verbreiten.
Auch aus diesem Grund ist es spannend, die katholische Bloggerszene weiter zu beobachten. Werden sich die katholischen Meinungsmacher die Dynamik des Social Web zu nutze machen und die Aufmerksamkeit für ihre Blogs erhöhen? Oder werden sie ihre Blogs zugunsten einer Präsenz in den Sozialen Netzwerken aufgeben? Eine entscheidende Rolle dabei dürfte auch spielen, wie intensiv sich offizielle kirchliche Stellen hier positionieren und ob es ihnen gelingt, zumindest in Teilbereichen eine Meinungsführerschaft zu erreichen. Noch lassen sich die Blogs katholischer Bischöfe ja etwa an einer Hand aufzählen…
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