Die folgenden Entwickungslinien werden nach derzeitiger Einschätzung die Schwerpunkte der Internetnutzung in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen:
- Die zunehmende Verbreitung von Smartphones und Tablet-PCs verläuft zur Zeit parallel zum abnehmenden Gebrauch stationärer Computer zugunsten von Notebooks und Subnotebooks. Parallel dazu erhöht sich außerdem die großflächige Verfügbarkeit schneller mobiler Internetzugänge (HSDPA, LTE).
- Soziale Netzwerke sind in quasi allen Bevölkerungsgruppen so weit verbreitet, dass sie in einigen Bereichen (Kommunikation / Messaging, Eventplanung, Social Bookmarking) klassische Dienste des Internet (E-Mail, Chat, Portaldienste) überholt haben oder dies in nächster Zeit erreichen werden. Die weite Verbreitung der Netzwerke bringt es zudem mit sich, dass sich auch Menschen mit speziellen Interessen oder Angehörige von Minderheiten leicht darüber finden und organisieren können. Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung werden auch künftig diskutiert werden – ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma zwischen kommerziellen und datenschutzrechtlichen Interessen könnten Freemium-Modelle sein, die eine kostenfreie Nutzung mit kommerzieller Verwendung der Daten auf der einen Seite der selbstbestimmten kostenpflichtigen Nutzung an die Seite stellen (Beispiel: hibe.com).
- Location based services (LBS) wurden technisch so weiterentwickelt, dass sie präziser arbeiten (teilweise auch bereits innerhalb geschlossener Räume) und userfreundlicher geworden sind. Sie sind zunehmend untereinander vernetzt und nutzen etwa bestehende Konten bei Facebook, Twitter oder Instagramm zur Registrierung. Damit entfallen lästige Doppelregistrierungen sowie Updates auf mehreren Netzwerken. Ausgeklügeltes Batteriemanagement ermöglicht es, dass diese Anwendungen zunehmend „always on“ im Hintergrund arbeiten können (Beispiel: die iOS-App „Highlight“).
- Die nächste Evolutionsstufe im Hardwarebereich steht unmittelbar bevor: Mehrere große Unternehmen (u.a. Google mit der Datenbrille „Google X“ (Google Glass) und andere sogenannte „wearable computer“) stehen mit ultra-portablen Geräten kurz vor der Marktreife, die zunehmend über die „Werkzeug“-Funktion von Smartphones hinausgehen und die Integration des Internet in den Alltag weiter perfektionieren.
- Die (auch mobile) Videonutzung im Internet bewegt sich technisch auf den HD-Standard zu, auch weil die Nutzung künftig plattformübergreifend stattfinden wird. Jedes Video muss künftig skalierbar vorliegen, weil sich der Nutzer einen Clip, den er auf dem Flatscreen zuhause anschaut, auf dem Smartphone weiterschauen möchte – und umgekehrt. Die Verknüpfung der Hardware wird nahtlos sein, so dass der User das auch von der Verfügbarkeit der inhaltlichen Angeboten erwartet. Mehrere Anbieter drängen hier in allernächster Zukunft auf den Markt, u.a. Google / YouTube (Google TV) und Apple (Apple TV), aber auch die die Telekom (die möglicherweise ihr T-Entertain-Angebot mit den mobilen Bundesligarechten nach vorn bringen will) sowie möglicherweise auch US-Unternehmen wie Netflix und Hersteller von Settop-Boxen.
Diese Entwicklungen zusammen bewirken, dass die mobile, ortsbezogene Internetnutzung künftig massiv zunehmen wird. Für den Nutzer bedeutet dies,
- dass die Alltagsrelevanz der Internetnutzung nochmals deutlich größer wird,
- dass Nutzer zunehmend „always on(line)“ sein und Inhalte sowohl zeitnah als auch nach der eigenen Zeitökonomie abrufen werden
- dass sich auf den real erlebten Allag eine Reihe von virtuellen Informationen und Beziehungen quasi wie eine neue Ebene („Layer“) legen und
- dass reale und virtuelle Kommunikation (sowohl „business to customer“ als auch „customer to customer“) viel enger zusammenwachsen
Für die Anbieter klassischer Internetseiten bedeutet dies, dass sie sich entscheiden müssen, wie sie sich auf diesem neuen Markt der serviceorientierten, mobilen und ortsbezogenen Internetnutzung positionieren können (oder müssen / wollen) oder ob sie sich in Zukunft auf die klassischen Angebote der desktoporientierten Information und Kommunikation beschränken.
Sie müssen dabei bedenken, dass es künftig für viele User möglich werden wird, auf das stationäre Internet im Alltag komplett zu verzichten, so dass sie für diese User dann ganz erheblich an Relevanz verlieren. Der Charakter des Internet als eine Datenwolke wird durch die beschriebenen künftigen Benutzungsmuster unterstrichen: Der Content liegt in der Cloud und kann von überall her abgerufen werden – und zwar immer öfter genau dann, wenn und wo der Nutzer ihn konkret braucht.